In wie­weit ent­schei­den die cuba­ni­schen Frauen?

By Published On: Okto­ber 31, 2022Cate­go­ries: Eman­zi­pa­ti­on

Cuba zählt laut den Ver­ein­ten Natio­nen zu den Län­dern mit der größ­ten weib­li­chen Reprä­sen­tanz in wirt­schaft­li­chen, gesell­schaft­li­chen und poli­ti­schen Institutionen.

 

01/09/2021 Cuba­in­for­mación                                                                                                              Arti­kel von Lis­sy Vil­lar Muñoz in der cuba­ni­schen Zeit­schrift „Muje­res“:                     

¿Has­ta dón­de deci­di­mos las muje­res cubanas? 

In wie­weit ent­schei­den die cuba­ni­schen Frauen?

Sta­tis­ti­ken in Kuba bestä­ti­gen, Frau­en stel­len 48 % der Gesamt­be­schäf­tig­ten im zivi­len Lohn­ar­beits­sek­tor. Laut dem Sta­tis­ti­schen Jahr­buch des Natio­na­len Amtes für Sta­tis­tik und Infor­ma­ti­on (Onei) aus dem Jahr 2016 stel­len sie 66,8 % der tech­nisch und beruf­lich am bes­ten qua­li­fi­zier­ten Arbeits­kräf­te. An den Hoch­schu­len sind 62 % Frau­en. Der Anteil der kuba­ni­schen Frau­en im Par­la­ment beträgt 53,22 % und im Staats­rat 47,6 %. Mehr als 70 % sind Berufs­rich­te­rin­nen und Staats­an­wäl­tin­nen; auch in der Berufs­grup­pe der weib­li­chen Füh­rungs­kräf­te machen sie 46 % aus.

Die­se Daten zei­gen uns, dass die Frau­en zwar eine akti­ve Rol­le im poli­ti­schen, sozia­len, wirt­schaft­li­chen und wis­sen­schaft­li­chen Pan­ora­ma des Lan­des spie­len, dass aber noch gros­se Her­aus­for­de­run­gen bestehen. Auf den ers­ten Blick ist zu erken­nen, dass Frau­en in den meis­ten hoch­ran­gi­gen Posi­tio­nen kei­ne Prot­ago­nis­tin­nen sind oder unter der Vor­mund­schaft des patri­ar­cha­li­schen Sys­tems ver­steckt werden.

Die Ana­ly­se des Minis­ter­rats zeigt, dass es neben dem Minis­ter­prä­si­den­ten sechs stell­ver­tre­ten­de Minis­ter­prä­si­den­ten gibt von denen nur Inés María Chat­man eine Frau ist.

Reprä­sen­ta­ti­on und Quo­ten lösen nicht das Pro­blem der Destruk­tu­rie­rung des Machis­mo in den Füh­rungs­schich­ten, wenn die Sta­tis­ti­ken selbst dar­auf hin­wei­sen, dass vie­le von ihnen über umfang­rei­che und nach­ge­wie­se­ne Berufs- und Füh­rungs­ka­pa­zi­tä­ten verfügen.

 

Es han­delt sich jedoch um eine poli­ti­sche Stra­te­gie, die zur För­de­rung der Gleichstellung

bei­tra­gen wür­de (viel­leicht die obli­ga­to­ri­sche und nicht die gewünsch­te, aber sie kann in ers­ter Linie ein wirk­sa­mer Mecha­nis­mus sein). Von der Gesamt­zahl der Minis­ter (25), die bereits erwähn­ten stell­ver­tre­ten­den Minis­ter­prä­si­den­ten nicht mit­ge­rech­net, sind nur sie­ben Frauen.

Es han­delt sich um die Bil­dungs­mi­nis­te­rin Ena Elsa Veláz­quez, die Minis­te­rin für Wis­sen­schaft, Tech­no­lo­gie und Umwelt, Elba Rosa Pérez, die Minis­te­rin für Finan­zen und Prei­se, Mei­sis Bola­ño, die Minis­te­rin für Arbeit und sozia­le Sicher­heit, Mar­ta Ele­na Fei­tó, die Minis­te­rin für Kom­mu­ni­ka­ti­on, May­ra Are­vich, die Minis­ter­prä­si­den­tin der cuba­ni­schen Zen­tral­bank, Mar­ta Sabi­na Wil­son, und die Minis­te­rin für Bin­nen­han­del, Bet­sy Díaz.

Von den 199 wis­sen­schaft­li­chen For­schungs­zen­tren des Lan­des wer­den 48 von Frau­en gelei­tet, was einem Anteil von 24 % ent­spricht, obwohl Frau­en 67,2 % der Fach­kräf­te und Tech­ni­ker und 78,5 % der Beschäf­tig­ten im Gesund­heits­we­sen aus­ma­chen. Außer­dem sind spe­zi­ell im Bereich Wis­sen­schaft und Tech­no­lo­gie 53 Pro­zent des For­schungs­per­so­nals Frauen.

Wenn wir die Zah­len wei­ter ein­gren­zen, wird deut­lich, dass die cuba­ni­schen Frau­en auf den ver­schie­de­nen Ebe­nen des Lan­des einen bedeu­ten­den Platz ein­neh­men; aller­dings sind Frau­en kei­ne Prot­ago­nis­tin­nen auf den höchs­ten Ent­schei­dungs­ebe­nen. Frau­en ste­hen an der Basis der Pro­duk­ti­on und Repro­duk­ti­on des Lebens, aber es gibt eine Tren­nung zwi­schen die­ser Basis und der Macht, die dort liegt, zu der Macht, die von einer höhe­ren Ebe­ne kommt und in der wir Frau­en nicht im glei­chen Ver­hält­nis zu den ande­ren Ent­schei­dungs­trä­gern entscheiden.

Die poli­ti­sche Par­ti­zi­pa­ti­on in den Stadt­vier­teln wird meist von Frau­en direkt in den Mas­sen­or­ga­ni­sa­tio­nen aus­ge­übt, aber wie sieht es mit der Par­ti­zi­pa­ti­on und Ent­schei­dungs­fin­dung auf höchs­ter poli­ti­scher Ebe­ne aus?

Die Kom­mu­nis­ti­sche Par­tei Cubas hat auf ihrem ach­ten Kon­gress gezeigt, dass ihre Struk­tur noch immer patri­ar­cha­lisch geprägt ist, denn allein die Tat­sa­che, dass es im Sekre­ta­ri­at die­ser Par­tei­grup­pie­rung kei­ne ein­zi­ge Frau gibt, offen­bart eine Tat­sa­che über die cuba­ni­sche Rea­li­tät und die poli­ti­schen Ent­schei­dun­gen auf höchs­ter Ebe­ne. Abwe­sen­heit zeigt uns auch etwas!

Ande­rer­seits wur­den in Cuba 11 Gou­ver­neu­re und 4 Gou­ver­neu­rin­nen in den 15 Pro­vin­zen, die das Staats­ge­biet bil­den, gewählt. Es gibt 11 weib­li­che Vize­gou­ver­neu­re und 4 männ­li­che Vizegouverneure.

Das Natio­na­le Pro­gramm zur För­de­rung der Frau­en (PAM) ist ein Doku­ment, das eini­ge der Her­aus­for­de­run­gen in Bezug auf die Ent­schei­dungs­fin­dung aner­kennt und auf­zeigt und als poli­ti­sche Agen­da des cuba­ni­schen Staa­tes in die­ser Hin­sicht ein­ge­stuft wird.

Zu den zu ent­wi­ckeln­den Punk­ten gehören:

  • Ver­bes­se­rung der Poli­ti­ken, die es ermög­li­chen, Frau­en auf allen Ent­schei­dungs­ebe­nen auf der Grund­la­ge ihrer Viel­falt zu för­dern; regel­mä­ßi­ge Bewer­tung der Ergebnisse.
  • Kon­ti­nu­ier­li­che Durch­füh­rung der Ana­ly­sen zur Ver­wirk­li­chung der Kader­po­li­tik, ins­be­son­de­re im Hin­blick auf die För­de­rung von Frau­en in Füh­rungs­po­si­tio­nen in den Orga­nen der zen­tra­len Staats­ver­wal­tung und im Unternehmenssystem.
  • Auf­nah­me der Vor­be­rei­tung auf geschlechts­spe­zi­fi­sche Fra­gen in das Sys­tem der Kader­aus­bil­dung auf allen Ebe­nen, in Aus­bil­dungs­zen­tren und Aus­bil­dungs­stät­ten, um die Besei­ti­gung sexis­ti­scher kul­tu­rel­ler Mus­ter zu errei­chen, die dazu nei­gen, tra­di­tio­nel­le Kon­zep­te und Rol­len zu ver­stär­ken, die Frau­en in ihrem Bei­trag und ihrem Poten­zi­al benachteiligen.
  • Errei­chen einer stär­ke­ren Ver­tre­tung von Frau­en in Posi­tio­nen des aus­wär­ti­gen Diens­tes, sowohl im inter­nen als auch im exter­nen Dienst, mit Schwer­punkt auf weib­li­chen Mis­si­ons­lei­tern, bei der Zusam­men­set­zung von Dele­ga­tio­nen bei den Ver­ein­ten Natio­nen und ande­ren inter­na­tio­na­len Foren sowie bei Vor­schlä­gen für natio­na­le Kan­di­da­tu­ren für die Wahl oder Ernen­nung in die ver­schie­de­nen Orga­ne der Ver­ein­ten Natio­nen, ihrer Fonds und Son­der­or­ga­ni­sa­tio­nen die­ses Systems.
  • För­de­rung der Betei­li­gung von Frau­en in den Streit­kräf­ten sowie Gewähr­leis­tung einer Aus­bil­dung, die ihnen den Auf­stieg in höhe­re Dienst­gra­de und in höhe­re Füh­rungs- und Kom­man­do­ebe­nen ermöglicht.
  • För­de­rung der Prä­senz von Frau­en im Sys­tem der Volks­macht auf allen Ebe­nen, ins­be­son­de­re als Dele­gier­te an der Basis.
  • Die­se Her­aus­for­de­run­gen und die bestehen­den Struk­tu­ren wer­den sich nicht ändern, wenn wir nicht die poli­ti­sche Visi­on über die not­wen­di­ge Füh­rung von Frau­en ändern, die patri­ar­cha­li­schen Vor­ga­ben, die ihnen noch immer im Wege ste­hen, wenn wir nicht tie­fer in die Beschrän­kun­gen ein­drin­gen, die sie auf ihrem Weg fin­den. Der Abbau von Ste­reo­ty­pen, Kon­struk­tio­nen und Vor­ur­tei­len, die För­de­rung inte­gra­ti­ver Räu­me und die poli­ti­sche Teil­ha­be von Frau­en sind eini­ge der Punk­te, die es auf dem Weg zur Gerech­tig­keit zu ver­tei­di­gen gilt, den wir 1959 ein­ge­schla­gen haben.

 

(Über­set­zung von spa­nisch auf deutsch: Cuba Soli­da­ri­tät Vil­ma Espín Regi­on Zürich-Ostschweiz)