10.01.2024: Preis­schock in Kuba (Tages­zei­tung jun­ge Welt)

By Published On: Janu­ar 11, 2024Cate­go­ries: News, Wirt­schafts­po­li­tik

Regie­rung verfünacht Ben­zin­prei­se, um Devi­sen­ein­nah­men zu erhöhen. Wirt­schafts­kri­se durch neue Sank­tio­nen des Wes­tens verschärt.

In Kuba wer­den die Prei­se für Kraft­stof­fe, Strom und Flüssiggas schritt­wei­se ange­ho­ben. Wie der Minis­ter für Finan­zen und Prei­se, Vla­di­mir Reguei­ro, am Mon­tag (Orts­zeit) in der Fern­seh­sen­dung »Mesa Redon­da« ankündigte, wird der Preis für 94-Oktan-Ben­­zin zum 1. Febru­ar von der­zeit 30 auf 156 Pesos pro Liter stei­gen, also um mehr als das Fünffache. Nach dem offi­zi­el­len Kurs der staat­li­chen Cadeca-Wech­­sel­s­tu­­ben ent­spricht dies einem Anstieg von 0,23 auf 1,20 Euro pro Liter. An 29 der lan­des­weit 613 Tank­stel­len wird Treib­stoff künftig nur noch gegen Devi­sen zum Preis von 1,30 US-Dol­lar (1,18 Euro) für Super­ben­zin und 1,10 US-Dol­lar für Die­sel abgegeben.

Die neue Preis­struk­tur sei not­wen­dig, um mehr Devi­sen ein­zu­neh­men, die das Land drin­gend brau­che, um Treib­stoff auf dem inter­na­tio­na­len Markt zu kau­fen und sei­ne Vorräte aufzufüllen, schrieb die KP-Zei­­tung Gran­ma am Diens­tag. Dem Bericht zufol­ge wer­den zum 1. März auch die Prei­se für Strom und Flüssiggas ange­ho­ben. Bei einem Ver­brauch von mehr als 500 Kilo­watt­stun­den pro Monat steigt der Strom­preis dann um 25 Pro­zent. Betrof­fen sind laut Gran­ma rund 5,4 Pro­zent der gut vier Mil­lio­nen Haus­hal­te. Da Flüssiggas fast vollständig impor­tiert wird, sol­len auch die Prei­se für die­sen Energieträger um 25 Pro­zent stei­gen, kündigte Finanz­mi­nis­ter Reguei­ro an. Damit sol­le auch ein Anreiz für einen spar­sa­me­ren Ver­brauch geschaf­fen werden.

Die Abge­ord­ne­ten der kuba­ni­schen Natio­nal­ver­samm­lung hat­ten Ende Dezem­ber auf ihrer letz­ten Sit­zung des Jah­res 2023 unter ande­rem beschlos­sen, die bis­her stark sub­ven­tio­nier­ten Prei­se zu erhöhen. Die Bevölkerung müsse ver­ste­hen, dass das Land ange­sichts der vor allem durch die US-Blo­ck­a­­de ver­ur­sach­ten Wirt­schafts­kri­se nicht »einen der nied­rigs­ten Treib­stoff­prei­se der Welt« auf­recht­erhal­ten könne, begründete Wirt­schafts­mi­nis­ter Ale­jan­dro Gil den Schritt. Auch für Tou­ris­ten, die Treib­stoff künftig nur noch gegen Devi­sen kau­fen können, bleibt der Preis trotz der Erhöhung unter dem Niveau vie­ler ande­rer Länder. Staat­li­che und pri­va­te Anbie­ter von Taxis, Sam­mel­ta­xis und ande­ren Personenbeförderungsdiensten können Ben­zin und Die­sel wei­ter­hin zu mode­rat erhöhten Groß­han­dels­prei­sen von 25 (Die­sel) und 26 Pesos (Super) beziehen.

Die Preiserhöhungen sind Teil eines umfas­sen­den Maß­nah­men­pa­kets, des­sen Details noch vor­ge­stellt wer­den. Die Regie­rung in Havan­na will damit das Haus­halts­de­fi­zit ver­rin­gern und Geld für den Import lebens­not­wen­di­ger Güter ein­neh­men. Das sozia­lis­ti­sche Land unter­liegt seit 1962 einer Wirtschafts‑, Han­­dels- und Finanz­blo­cka­de der USA, die alle Wir­t­­schafts- und Lebens­be­rei­che betrifft. Kuba ver­lie­re dadurch Monat für Monat mehr als 405 Mil­lio­nen US-Dol­lar, die im Gesund­heits­we­sen sowie bei der Ver­sor­gung mit Ener­gie, Lebens­mit­teln und ande­ren Gütern fehl­ten, erklärte Außen­mi­nis­ter Bru­no Rodríguez Anfang Novem­ber vor der UN-Vol­l­­ver­­­sam­m­­lung. Nach­dem die US-San­k­­tio­­nen während und nach der Covid-19-Pan­­de­­mie auf ein noch nie dage­we­se­nes Niveau ange­ho­ben wur­den, hat sich die Lage in jüngster Zeit wei­ter ver­schlech­tert, unter ande­rem durch den Ein­bruch des Tou­ris­mus infol­ge der Pan­de­mie, den welt­wei­ten Preis­an­stieg und die Aus­wir­kun­gen der west­li­chen Sank­tio­nen gegen verbündete Länder und Handelspartner.

Von Vol­ker Hermsdorf

https://www.jungewelt.de/artikel/467010.us-blockade-preisschock-in-kuba.html