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Soundtrack der Revolution
Zum Tod des kubanischen Liedermachers und Nueva-Trova-Pioniers Pablo Milanés
In Kuba nannte man ihn liebevoll »Pablito«. Am Montag starb Pablo Milanés im Alter von 79 Jahren in Madrid, wo er wegen Blutkrebs in Behandlung war. »Der Schmerz kam mit der Nachricht«, teilte Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel von seinem Staatsbesuch in Moskau aus mit und bezeichnete den Grammy-Preisträger und Mitbegründer der Bewegung der Nueva Trova Cubana als »Stimme des Musikstils unserer Generation«.
»Als Schöpfer eines monumentalen Werks stellen Milanés und sein musikalisches Vermächtnis eine Referenz für die kubanische Identität und Kultur dar. Seine Lieder und Interpretationen sind Teil unserer Revolution«, würdigte das Kulturministerium den Verstorbenen. Der am 24. Februar 1943 in Bayamo als jüngstes von fünf Kindern einer Arbeiterfamilie geborene Künstler begann seine Karriere als Filin-Interpret, einer modernisierten Variante des klassischen, sentimental-romantischen kubanischen Bolero-Genres. Im Jahr 1965 nahm Milanés sein erstes Album mit dem Titel »Mis 22 años« auf, das als Brücke zwischen Feeling und Nueva Trova gilt. Er war Mitglied mehrerer Gruppen, bis er sich den jungen Musikern der »Grupo de Experimentación Sonora del ICAIC« anschloss, zu denen auch sein Kollege und Freund Silvio Rodríguez gehörte.
Beeinflusst von Bob Dylan, Joan Baez und den Beatles entstand mit der »Nueva Trova« eine Schule von Liedermacher, die sich als »neue Troubadoure« bezeichnete. Ihre Musik war in den kubanischen Traditionen verwurzelt, die Texte aber deutlich politisch. Damit, so das Kulturministerium in Havanna, wurde die »Nueva Trova« zum »Soundtrack der kubanischen Revolution«. Wie Silvio Rodríguez, Leo Brouwer, Amaury Pérez und andere bekannte Trova-Interpreten tourte Pablo Milanés als gefeierter musikalischer Botscha er revolutionärer Ideale um die Welt. In den vergangenen Jahren hielt er sich aus gesundheitlichen Gründen in Spanien auf. Nach seinem letzten Au ritt in Kuba bei einem Konzert vor Tausenden von Zuschauern in der Ciudad Deportiva in Havanna am 21. Juni 2022 schrieb die Tageszeitung Granma: Wenn sehr junge Menschen wie dort aus dem Gedächtnis die Stücke von Pablo Milanés mitsingen, sage das alles »über die Aktualität seiner Lieder, die in der heutigen Zeit geschrieben worden zu sein scheinen«.
In den 60er Jahren komponierte Milanés seinen ersten Song »Tu Mi Desengaño« (Du meine Enttäuschung). Der Durchbruch gelang ihm 1970 mit »Yolanda«, bis heute eines der bekanntesten Lieder in Lateinamerika. Sein musikalisches Vermächtnis besteht aus mehr als 40 Alben, die unter anderem Lieder wie »El Breve Espacio«, »Cuba Va«, »Amo esta Isla« umfassen. Er sei ein treuer Anhänger der Revolution, versicherte Milanés der New York Times einst und erklärte: »Ich bin ein Arbeiter, der mit Songs arbeitet, und mache wie jeder kubanische Arbeiter das, was ich am besten kann.« Ein Claqueur war er nie. »Ich bin mit vielen Dingen in Kuba nicht einverstanden, und jeder weiß das«, sagte Milanés. Popularität und Ansehen litten nicht darunter. Kulturminister Alpidio Alonso beklagte am Dienstag, dass »es keine Worte gibt, die den enormen Verlust ausdrücken können, den der Tod von Pablo Milanés für die kubanische Kultur darstellt. Sein dichterisches und musikalisches Vermächtnis ist unsterblich.«
Junge Welt, 25.11.22 von Volker Hermsdorf
https://www.jungewelt.de/artikel/439489.nachruf-soundtrack-der-revolution.html