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US-Cyberkrieg gegen Kuba
Unterseekabel verweigert: Auch technologisch versucht Washington, die sozialistische Inselrepublik zu strangulieren
In einem überraschenden Anflug von Aufrichtigkeit hat die US-Regierung kürzlich eingestanden, dass sie Kubas Zugang zum Internet blockiert. Ende November empfahl das Justizministerium der Federal Communications Commission (FCC), der Insel die Genehmigung für den Anschluss an ein Unterseekabel zu verweigern, das Kuba mit dem US-Festland verbindet. Die Begründung ist lächerlich. Sie unterstellt eine angebliche Gefahr durch die Beziehungen Kubas zu »ausländischen Gegnern« wie China oder Russland, die die Insel als Einfallstor nutzen könnten, um sich in das US-Netz einzuhacken. Das »ARCOS‑1«-Unterwasserkabel, das 32 Kilometer von Havanna entfernt verläuft, verbindet 24 Internethotspots in 15 Ländern, von denen die meisten langjährige, stabile Beziehungen zu den vermeintlichen »Gegnern« unterhalten, die Washington so beunruhigen.
Alle Kabel über USA
Niemand kann sich durch Zauberworte mit dem Internet verbinden. Es sind mindestens drei Voraussetzungen erforderlich: ein Telekommunikationsnetz, Computer oder elektronische Geräte und die Möglichkeit zur Nutzung der entsprechenden Technologien. Wer auf einer Insel lebt, ist mehr als anderswo auf Unterseekabel angewiesen; 99 Prozent des weltweiten Datenverkehrs werden über Unterwasserkabel abgewickelt.
Das Internet wurde als ein Netz konzipiert, in dem Informationen über alternative Wege übertragen werden, um die Stabilität des Datenverkehrs zu gewährleisten. Seine Entstehung geht auf einen Erlass von Präsident John F. Kennedy nach der sogenannten Raketenkrise im Jahr 1962 zurück, bei der sich die Verantwortlichen der Anfälligkeit der Kommando- und Kontrollsysteme im Falle eines nuklearen Angriffs bewusst wurden. Die Sicherheit ist heute allerdings geringer als in der Anfangszeit des Internets, da fast alle Glasfaserkabel über die USA führen, wo sich das Kernstück des Netzes befindet. Das hat zur Folge, dass jede Information, die von Lateinamerika nach Europa übertragen wird, fast immer über den »Network Access Point of the Americas« in Miami läuft. Außerdem sind die Glasfaserkabel, die die Ozeane durchqueren, im Besitz einer Handvoll Unternehmen, die mit Nachrichtendiensten verbunden sind, wie der ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden enthüllt hat.
Es ist also nicht Kuba, das eine lange und dokumentierte Tradition des Hackens, Spionierens und Überwachens des Internets hat. Ein Bericht, der im vergangenen September von Chinas Nationalem Zentrum für Cybersicherheit und dem Internetsicherheitsunternehmen Qihoo 360 Technology veröffentlicht wurde, beschuldigt die National Security Agency (NSA), mehr als 10.000 Cyberangriffe gegen China gerichtet und dabei 140 Gigabyte an relevanten Daten gestohlen zu haben. Es gibt hingegen keinen einzigen Beleg dafür, dass Kuba eine Bedrohung für die Cybersicherheit darstellt. Bedeutend ist allerdings, dass das US-Justizministerium zum ersten Mal eingesteht, dass Washington den Anschluss an das Unterseekabel verhindert. Vielleicht werden sie eines Tages auch zugeben, dass zu ihren zahlreichen Blockaden der Insel auch die Vereitelung des Erwerbs von Informationstechnologie und die immensen Behinderungen beim Zugang zu digitalen Diensten gehören.
Es lohnt sich, einige Etappen des digitalen Krieges der USA gegen Kuba Revue passieren zu lassen, um die Hintergründe zu verstehen. Während Europa und die meisten lateinamerikanischen Länder Mitte der 1980er Jahre begannen, sich mit dem Internet zu verbinden, war Kuba mehr als ein Jahrzehnt lang einer »Routenfilter«-Politik unterworfen, so dass Verbindungen zwischen der Insel und dem Territorium der USA blockiert wurden. Während der »Sonderperiode« nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten in Osteuropa änderte sich die Situation Anfang der 1990er Jahre. Die USA rechneten damit, dass die Tage des Sozialismus in Kuba gezählt waren und entschieden sich, eine Art »US-Propaganda-Pipeline« einzurichten und digital »Glasnost« zu fordern, was den gewünschten Regimewechsel in Kuba erleichtern sollte.
Facebook für Propaganda
Seit 1996 ist es möglich, sich auf der Insel mit dem Internet zu verbinden, jedoch nur, um auf Informationsinhalte zuzugreifen, da es strenge Beschränkungen für kubanische Anwender gibt. Demokratische wie republikanische US-Regierungen haben diese Politik beibehalten, obwohl Donald Trump eine Strategie des »maximalen Drucks« anwandte, die von der Regierung Joseph Bidens beibehalten wurde, um die kubanische Wirtschaft zu erdrosseln. Beide Präsidenten haben Teile der exilkubanischen Ultrarechten in den Vereinigten Staaten ermutigt, sich an der Gründung privater und öffentlicher Facebook-Gruppen in Kuba zu beteiligen, um dort die öffentliche Meinung zu beeinflussen.
Es ist dokumentiert, dass diese Gruppen im Juli 2021 die bis dahin größten Proteste auf der Insel angezettelt haben. Der investigative US-Journalist Alan MacLeod hat in einer dieser Gruppen »undercover« ermittelt und nachgewiesen, dass die Hauptverantwortlichen für die Unruhen in San Antonio de los Baños, der Stadt, in der die Proteste begannen, in Florida ansässig sind. »Die Einmischung ausländischer Personen in die inneren Angelegenheiten Kubas hat ein Ausmaß erreicht, das in den Vereinigten Staaten kaum vorstellbar ist«, schrieb MacLeod im Oktober 2021 bei Mint Press News.
Jeder, der recherchiert, kann genügend Beweise für die Rolle der US-Regierung in der »SOS-Cuba«-Kampagne finden, die in den Tagen vor und während der Proteste Tausende von Retweets generierte. Sie wurde von Akteuren initiiert, die mit von Washington finanzierten Organisationen verbunden sind. Von Januar 2017 bis September 2021 haben mindestens 54 Gruppen, die »Programme« in Kuba durchführen, nachweislich Mittel vom Außenministerium, der US-Behörde für internationale Entwicklung (USAID) oder der Nationalen Stiftung für Demokratie (NED) erhalten. Die Summen zur Finanzierung dieser Programme reichen von einer halben bis zu 16 Millionen US-Dollar. Das Weiße Haus rühmt sich immer wieder, Personen und Organisationen anzuwerben, auszubilden, zu finanzieren und einzusetzen, die »den politischen Wandel« auf der Insel fördern sollen.
Verbindung »verboten«
Heute sind 7,5 Millionen Kubaner (68 Prozent der Bevölkerung) mit dem Internet verbunden, aber sie können weder »Google Earth« sehen noch »Zoom«-Videokonferenzen nutzen, keine kostenlose Microsoft-Software herunterladen, nicht bei Amazon einkaufen oder internationale Domainnamen erwerben, um nur einige der mehr als 200 blockierten Dienste und Anwendungen zu nennen. Wenn Internetprovider einen Zugriff aus Kuba feststellen, fungieren sie als Trichter und warnen, dass der Nutzer eine Verbindung aus einem »verbotenen Land« herstellt.
Die Erklärung des US-Justizministeriums, die klargestellt hat, dass es die US-Regierung ist, die den Anschluss der Insel an das »ARCOS‑1«-Netz verhindert, ist in gewisser Weise zu begrüßen. Denn sie bestätigt, dass Washington das größte Hindernis für den kubanischen Internetzugang war und ist.
Rosa Miriam Elizalde ist erste Vizepräsidentin des kubanischen Journalistenverbandes und wird auf der XXVIII. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz zum Thema »Sozialismus als Voraussetzung für Frieden: Das Beispiel Kuba« referieren.